Sterbeamme


Wenn wir eine weise Frau brauchen,
um uns in´s Leben zu begleiten,
dann brauchen wir einen ebenso weisen Menschen,
um uns wieder hinaus zu begleiten.

Michael Montaigne

Ich absolvierte meine Ausbildung zur Sterbeamme an der Akademie für Sterbeammen/Sterbegefährten nach Claudia Cardinal https://sterbeamme.de/

Ich habe keine therapeutische Ausbildung, deshalb ersetze ich KEINE Psychotherapie, wenn dies der Wunsch/die Notwendigkeit wäre.

Vielmehr kann ich Ihnen eine Wegbegleiterin sein. Eine Frau, die den Raum hält, Schmerzen, Wut, Verzweiflung, Trauer und wie sie noch alle heißen, die ungeliebten Monster, aushält. Ich lausche. Alles darf sich zeigen. Denn manchmal braucht es lediglich ein "gesehen/ausgesprochen werden", um den ersten Schritt Richtung Heilung und Hoffnung zu setzen.

Ich bin frei von religiösen Ansichten, offen, mitfühlend und flexibel. Ich sehe immer beide Seiten vom Leben und weiß auch, dass das Schicksal manchmal ein echt mieser Verräter sein kann. Ja. Und dann darf geschrien werden: "Scheiße, scheiße, scheiße."

Tabu Themen sind für mich eben kein Tabu Thema. Über das zu sprechen, was leider nach wie vor viel zu oft Tod geschwiegen wird, empfinde ich als so befreiend und heilen. Eine Befriedung kann entstehen, wenn Worte gefunden und Gefühle ausgesprochen werden.

Und was genau ist denn nun eine Sterbeamme?

Tabu Themen wie Tod und Sterben, Suizid, stille Geburt, Schwangerschaftsabbruch und Trauer, Krebs und weitere Diagnosen mit Lebensverkürzung sind eben auch Teil des unglaublich facettenreichen Lebens. Wir wissen nie, was eines Tages in unserem Lebensbuch steht. Deshalb ist es gut, jemanden zur Seite zu haben, wenn ein Kapitel aufgeschlagen wird, in dem plötzlich ganz viele Fragezeichen und Emotionen stehen. Ein Kapitel, mit dem so nicht gerechnet wurde.

Meist sind es persönliche Berührungen mit dem Tod die uns Sterbebegleiter*innen das tun lassen, was wir tun. So auch in meinem Fall ...



Meine Begegnungen mit dem Tod/Sterben


2017 hab ich nicht "nur", gemeinsam mit meinem Bruder, unserer Mama in ihren letzten Stunden die Hand halten dürfen, sondern auch zwei Monate später unserer Oma und drei Monate später, meiner Patentante. Geballtes Abschied nehmen von meinen drei so wichtigen Ahnenfrauen. Sie haben mich seit meiner Geburt begleitet. Und auch ich habe sie die letzten Jahre intensiv begleitet und betreut.



Ich bin so dankbar für die Zeit, für all das, was sie mir lehrten, deren Begleitung, Liebe und Vertrauen. Noch heute gibt es Momente, in denen es schmerzt. Zu wissen, ihre Stimme nie wieder hören zu dürfen, nie wieder in deren Augen blicken oder die Hand berühren zu können ist wie ein Stich in´s Herz. Und doch war diese Erfahrung wohl eine Weggabelung in meinem Leben.

Die letzten Lebenswochen hat unsere Mama im Hospiz verbracht. Dort war ich fast täglich zu Besuch und hatte unzählige Gespräche über das Sterben. Der Tod war so präsent. Mein Blick weitete sich. Auch die Monate zuvor mit wochenlangerm Aufenthalt auf der Intensivstation, Krankenhäuser und dazwischen die Zeiten zu Hause, waren so prägend. 

Nach diesem Jahr voller Kampf, Hoffnung, auf und ab, folgte ein heftiges und intensives Trauerjahr. Ich gab mich diesem voll und ganz hin. Meine Familie hatte großes Verständis und gab mir den Raum, den ich brauchte. Zusätzliche Unterstützung fand ich in einer Trauergruppe.

Die Abschiedsfeier von unserer Mama haben wir ganz einzigartig gestaltet. Vom Sargbau, über die Worte bis hin zur Feier selbst. Es war so persönlich und besonders, wie Mama selbst. Dass das mal mein Weg werden soll, ahnte ich damals noch nicht.

mehr dazu in einem Blogeintrag


Heute wirke ich als Alltagsbegleiterin in einer Wohngemeinschaft für Senior*innen mit. Auch dort bin ich stets mit der letzten Lebensphase konfrontiert und durfte schon weitere Menschen in die andere "Welt" begleiten.

Das, was mich das Leben bisher lehrte, möchte ich in Form einer Ausbildung zur Sterbeamme vertiefen. Im Mai 2021 begann ich diese Fortbildung. Trauerreden und Abschiedsfeiern zu gestalten, ist ein Teil dieser "Arbeit".

Aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen kann ich mich sehr gut in diese so zarte und schmerzvolle Zeit einfühlen. Ich weiß, wie schwer es ist, einen geliebten Menschen loslassen zu sollen. Ich empfinde großes Mitgefühl und Respekt gegenüber Betroffenen.

Es ist mir ein Herzensanliegen, Menschen in dieser so zarten und schmerzvollen Zeit, Trost und ein Lauschen zu schenken. Für ihre Situation, ihr Leben, ihr "Sein".

So einzigartig ein jeder von uns ist, so individuell soll auch der Abschied sein. Es ist mir eine Ehre, Menschen auf ihren letzten Lebensschritten, und darüber hinaus, begleiten zu dürfen.