Mein Weg in das eisige Wasser


Ich werde oft gefragt, wie ich zum Eisbaden kam...

Ich bin schon immer eine Wasserratte. Von April bis Oktober in den See zu gehen, bin ich schon von klein auf gewohnt. Unsere Mama ging mit uns vier Kindern von November bis März ins Hallenbad und von April bis Oktober an den See. Trotzdem hatte ich immer Angst, allein im See den Nichtschwimmerbereich zu verlassen. Auch wenn jemand mit schwamm, war mir immer sehr mulmig. 

Im Frühjahr 2019 war meine Sehnsucht so groß, mit dem Köpfer vom Steg zu springen und einfach raus zu schwimmen. Es rief mich förmlich. Ich konnte gar nicht anders, als diesem Ruf zu folgen und so tat ich es. Ich verließ mit 38 Jahren das erste mal allein den Nichtschwimmerbereich eines Sees. Ich fühlte mich so lebendig, so frei, so glücklich. In diesem Sommer verging fast kein Tag, an dem ich nicht ein bis zwei mal im See war. In jedes Gewässer, das mir auf dem Weg lag, tauchte ich ein. 

Natürlich schwamm ich auch in diesem Jahr den ganzen Oktober durch. Dann wurde es November...

Es verging gut eine Woche, in der ich nun nicht mehr im Wasser war. Wieder war die Sehnsucht nach dem See so spürbar groß und der Ruf so laut. Wieder konnte ich nicht anders, als dem Ruf zu folgen. An einem nebligen, kalten Novembersonntag packte ich also meine Badesachen und fuhr an den Baggersee.

Der Himmel schickte mir in dieser Stunde und an diesen Ort, Viktor und Marian. Zwei Osteuropäer, für die Eisbaden Kultur ist. Wie überrascht wir drei waren, uns zu treffen. Während sie am Ufer Aufwärmübungen machten und sich Handschuhe und Schuhe aus Neopren anzogen, sprang ich wie immer ins Wasser und schwamm los. Ganz nach dem Motto: "schwimm, dann wird dir warm." Ich spürte die zwei Herren im Hintergrund schmunzeln und hörte sie "halt, halt" rufen. Ich hielt inne und drehte um. In diesem Moment begann meine "Ausbildung" zum Eisbaden.

Von da an trafen wir uns 2-3 mal die Woche. Es kam Weihnachten und sie verabschiedeten sich in die Heimat. Der nächste Schritt stand an: Alleine ins Wasser. Ich konnte im vergangenen Winter noch niemand fürs Eisbaden begeistern. Nun lernte und spürte ich die Qualitäten eines Alleingangs ins kalte Wasser: pure Stille im Außen und im Innen. Da ich spürte, wie gut es mir tat und wie es meinen Blick weitete, steigerte meine Wassergänge bis zu 5 mal die Woche,

"Die Zeit am und im See wurde mein Raum für Meditation, Atem, eins sein mit der Natur und dem Wasser - und für Wandel."


Der 5. Winter:

Der See. Seit Jahren, Sommer wie Winter, meine tägliche Quelle für Freude, Stille, Ausgleich, Kraft, Klarheit, Inspiration, Energie, Meditation, Gesundheit und vieles mehr. Es braucht echt lange, bis ein See zugefroren ist. Und mindestens genau so lange braucht es wohl, bis er wieder auf ist.