"... wer nie weint und niemals trauert, der weiß auch nichts vom Glück..."

Mögen folgende Worte dir Mut machen zu trauern - wohl ein lebenslanger Prozess. 

Trauer kommt und sie geht auch wieder. Sie ist Teil unseres Lebens.

Mein persönlicher Trauerprozess


Als unsere Mama am 23. Dezember 2017 ihr irdisches, wunderschönes Kleid abgelegt und diese Welt verlassen hat, zerbrach ich innerlich.

Meine Brust, Lungen und Hals schnürten mich so zu, dass ich mich ärztlich untersuchen ließ. Ich dachte, nun hab auch ich Krebs. Heute weiß ich, dass Trauer auch körperliche Schmerzen verursachen kann.



In der monatlichen Trauergruppe im Hospiz Biberauch wurde ich bestärkt, mich meiner Trauer hinzugeben. Ich war unzählige Stunden in der Natur und an Plätzen, an denen wir sonst immer gemeinsam waren. Ich weinte und weinte und weinte. Schluchzte, schrie, bekam keine Luft, dachte, ich sterbe ohne sie.

Viele Wochen nach Mamas Tod lag ich, wieder mal erschöpft von der tiefen, nicht Enden mögenden Trauer, unter einem Baum am See. Es schmerzte so. Ich blickte in den Himmel, hielt meine Hände auf und flehte nach oben: "Mama, bitte komm wieder zurück. Ich fang dich auch auf." Und sie kam einfach nicht.

Ich schloss meine Augen und die Wärme der Sonne beruhigten mich.

Und dann streichelte mich was in meinem Gesicht. Ich spürte Mamas Hände, ihre Nähe. Öffnete meine Augen um sicher zu gehen, dass es kein Tierchen war, das über meine Wangen krabbelte. Nein, war es nicht.

Wieder schloss ich meine Augen und wieder war dieses Streicheln da...


Von da an hatte ich meine Mama wieder, halt nur anders.

Und wenn ich ehrlich bin, viel freier und leichter als zu Lebzeiten. Zu Lebzeiten war noch immer, wenn auch mit den Jahren immer weniger, diese manchmal nervige Mutter-Tochter Verstrickung zwischen uns. Sie, die gutmeinende, besserwisserische Mutter, ich die rebellische Tochter.

Sie begegnete mir von da an ständig. Und wenn sie mal nicht da war, konnte ich ihr einfach rufen und sie war - schwubbs, da. Wie praktisch. Ich konnte sie plötzlich um Rat fragen und diesen auch annehmen ;) Eine ganz neue Erfahrung.

Wir redeten, lachten, tanzten, ich sang und flötete viel für sie, sie lauschte. Wenn ich weinte, tröstete sie mich.

Noch heute überkommen mich Wellen von tiefer Traurigkeit. Noch heute stehe ich manchmal irgendwo in der Natur mit offenen Armen, Blick in´  Himmel und der Einladung, sie möge doch wieder kommen. Doch es ist kein Flehen mehr, vielmehr ein kindlicher Akt der Sehnsucht. 

Auch die Abstände der Wellen werden immer größer. Ich habe gelernt, mich vertrauensvoll den Wellen hinzugeben.

Heute begegnen wir uns nicht mehr so oft und wenn, dann meist flüchtig.

Sie ist sehr beschäftigt ;) und ich habe einen Weg gefunden, ohne ihrem irdischen dasein zu leben.

Das größte Geschenk: Sie lebt und wirkt in mir weiter. So vieles was ich heute tu, kann ich, weil sie mir einen Boden voller Liebe und Vertrauen in die Wiege gelegt hat und mir heimlich manch Samen in die Erde steckte, die heute erblühen.

Danke, Mama.